Mein ehemaliges ‚baby‘ gulli.com wechselt zum heutigen Tag erneut den Besitzer.
Nach fünf Jahren in der Hand der InQnet wechselt gulli mit sofortiger Wirkung den Besitzer. Neuer Betreiber ist die gamigo Advertising GmbH. Unter Beibehaltung alter und lieb gewonnener Traditionen und Schwerpunkte soll gulli unter den neuen Besitzern noch größer und einflussreicher werden.
Bevor ich jetzt nur in (teilweise nicht öffentlich sichtbaren) Kommentaren oder auf Twitter meinen Senf zum Thema abgebe um dann hinterher doch noch von Freunden & Bekannten dazu befragt zu werden, meine kurze Einschätzung zu der in den letzten 5 Jahren eher traurigen Entwicklung:
Als ich gulli 2008 verkauft habe, passiertes es nicht nur aufgrund der aufkommenden juristischen Probleme, des guten Preises, sondern auch, weil ich mit meinen damaligen Fähigkeiten und Mitteln vieles, was möglich gewesen wäre, nicht mehr umsetzen konnte (oder wollte). Die Skalierung des One-Klick-Hosters hat meine damaligen Fähigkeiten überfordert und daher erschien es mir sinnvoll gulli an eine 40-Mann starke Firma zu verkaufen – die dann aber leider nichts aus dem Potential gemacht hat, außer das Schwester-Projekt boerse.BZ finanziell und strategisch zu unterstützen und sehr viel Aktivität dorthin zu verlagern.
Wer es in 5 Jahren nicht schafft die verwendete Forensoftware nennenswert zu optimieren und trotz günstiger Voraussetzungen und (fast) ohne Google-Abstrafungen langsam alle Suchmaschinen-Rankings verliert:
Und auch die offiziell ausgewiesenen IVW-Zahlen weisen eine Halbierung in den letzten 12 Monaten nach:
Die eigentliche (von inQnet leider verpasste) Chance für gulli liegt darin sich als Meinungsführer der ‚digital natives‘ / Generation Online zu etablieren. Nur, wenn gulli das führende Medium ist um Prism zu erklären, den Protest zu kanalisieren und sich statt eines weiteren 08/15 IT-Nachrichtenkanals als echte Meinungsplattform pro Datenschutz und Nutzerrechte zu positionieren und eigenen investigativen Journalismus zu erlauben, wird gulli in 5 oder 10 Jahren noch eine Relevanz haben.
Dass jetzt auf einmal irgendwelche Twitter-Troll-Accounts Geheimnisse des neuen Inhabers aufdecken wollen ist wohl ein lustiger Nebeneffekt dieser sehr besonderen Community – Viel transparenter als eine deutsche AG kann eine Firma ja nicht sein – also schonmal eine große und positive Veränderung zu den Österreichern mit ihren Firmenkonstruktionen…
Ich sehe den Besitzerwechsel von gulli als gute und (vielleicht letzte) Chance für diese Marke an und würde mich freuen, wenn die (G)Amigos Erfolg haben sollten. Auf dass diese Abwärts-Kurve hier schnell das Tal überwindet!
Nachtrag am 12.7.2013: Leider haben sich die Hoffnungen auf nachhaltige Stärkung der Community bisher nicht bestätigt. Die Gamigos schmeißen die halbe Moderatoren-Mannschaft raus und ersetzen diese wohl teilweise durch festangestellte Moderatoren, bzw. suchen jetzt zum ersten mal per öffentlicher Aufschreibung Co-Moderatoren, die „bereits mindestens 3 Monate registriert“ sind. Da spricht auch der ehemalige Admin/Redakteur Richard ‚Korrupt‘ Joos vom „Zugunglück, wo man nicht hingucken will und nicht weggucken kann“ und teilt – wie üblich – auch ansonsten sehr lesenswerte Gedanken zum Umgang mit (freiwillig und kostenfrei) arbeitenden Moderatoren-Teams mit der Erfahrung der doch sehr besonderen gulli-Crew…
Nachtrag vom 5.8.2013: irgendwie schon spannend, dass sich der Gulli-Inhaber von 2008-2013 jetzt von Valentin Fritzmann in Florian Schweiger umbenannt haben soll.
Du hast zum perfektem Zeitpunkt verkauft. Die Jugendlichen aus den vergangenen Jahren sind zu der Zeit erwachsen geworden und hatten nicht mehr die Zeit die gulli.com gebraucht hätte. Die rechtlichen Probleme für deutsche Forenbetreiber mal bei Seite gelassen, glaube ich nicht mehr an den investigativen Journalismus. Es fehlt das Geld und der Mumm sich gegen „die Großen“ zu wehren.
Gulli war cool, auch ohne Börse. Man bekam News aus erster oder zweiter Hand. Gerade der Konsolenbereich hat immer gut getobt mit neuen Hacks. Aber wenn man sich heute über ein Thema neu informieren will sind andere Boards aktueller.
Die meisten guten Leute sind schlicht zu alt geworden und das junge Gemüse sucht sich aktraktivere Orte um groß zu werden.
Im Internet ist kein Projekt für die Ewigkeit.
Hallo Golem.
Gute Erklärung des Boards und „Im Internet ist kein Projekt für die Ewigkeit“ ist ein schöner Satz – wirklich!
Zugegeben, ich seh das etwas anders. Sicher kann man mit SEO einiges reissen und durch verschiedene SEO-Sünden einiges zerstören, aber den Hauptgrund für das sinkende Ranking sehe ich eher in den *deutlich* gesunkenen Besucherzahlen. Ein gut besuchtes Board wird auch häufig gelinkt und dementsprechend aufgewertet. Die Mundpropaganda tut ihr übriges.
Zur Börse kann man stehen wie man will, aber man kann kaum verschweigen, dass sie für einen starken und regelmässigen Zustrom von Usern gesorgt hat – als „Motor“ für das Board gewissermassen. Das sieht man schön an den Börse-Klonen, die inzwischen das g:b hinsichtlich Besucherzahlen deutlich überholt haben. Die weiteren Foren haben dann die für die Börse neu registrierten User mindestens teilweise halten können.
Zudem war die Börse ein Alleinstellungsmerkmal, das das Board gerade bei der „Konkurrenz“ durch soziale Netzwerke mehr als braucht. Ich hoffe, der neue Betreiber kann ein ähnliches Alleinstellungsmerkmal aufbauen – was das sein könnte, weiss ich aber auch nicht.
Kein Projekt ist für die Ewigkeit, aber hoffentlich ist gulli noch für einige Jahre gut…
Hallo Randolf,
du hast es soweit schon gut auf den Punkt gebracht. Was mir besonders aufgefallen ist, dass das Projekt mit der Zeit einfach seinen „Spirit“ verloren hat. 95% der „wertvollen“ Nutzer sind mittlerweile abgewandert, und bei der boerse.bz bekommt man mittlerweile genau die guten Ratschläge, die man damals beim gulli:board bekommen hat, wenn man mal eine Frage hat. Die boerse hat es geschafft nicht nur den Filesharing Bereich zu übernehmen, sondern auch die anderen „Offtopic“ Bereiche. Und das liegt einfach nur am Traffic den der Filesharing Bereich generiert.
Wie hätte das gulli:board dort gleichziehen können? Ich sehe kaum Möglichkeiten den Abwärtstrend umzukehren. Um den Newsbereich zu verbessern, ist es zu spät. Die meisten Leser sind weg. Das Forum ist, bis auf ein paar Themen, auch absolut Tot. Ein bisschen hier und da rumzuschrauben reicht nicht. gulli muss sich meiner Meinung nach komplett neu erfinden. Es muss eine ganz neue Brand aufgebaut werden, ansonsten: Hasta la vista!
Sincerely,
Sam
lol ist doch klar dass gulli öhne den börsen bereich verloren ist. was sonst liefert denn den ganzen traffic, ein paar forenposts über prism? wer in diesem bereich die mainstream user abgreifen will braucht (illegalen) content. das ganze community zeug mit foren und so ist doch nur beiwerk zu den downloads, also ohne downloads kein interesse der mainstream user.
Hallo Randolf,
Noch was mir bei nochmaligem Lesen hier und auch in deinen Kommentaren im g:b aufgefallen: du sprichst immer vom „Schwesterprojekt“ boerse.bz und von der boerse.bz-Abspaltung. Gibts da Indizien für eine Verstrickung irgendwelcher Art? Bei boerse.to, das wieder aufgegeben wurde, wurde das ja öffentlich gesagt, aber zu boerse.bz hat die Inqnet ja eine Verstrickung immer mal wieder dementiert und behauptet, das wär aus den User-Backups entstanden.
Danke schon mal für alle Infos.
@BOFH: boerse.to war _mein_ Projekt und meine Domain, dass ich nach Vorwarnung und aus Frustration über die Tatsache, dass Wien das von mir beim Verkauf vorgeschlagene Börsen-Auslagerungs-Konzept nicht umsetzen wollte dann eben selbst gestartet habe. Wenige Tage nach Launch wurde mir dann deutlich gemacht, dass sie meine Aktivität nicht gutheißen und ich habe aus goodwill (ohne jegliche juristische Verpflichtung) alles an sie übertragen.
Aufgrund diverser Fakten und Aussagen, wie u.a. dieser öffentlichen: „Ich habe der entsprechenden Person das gesamte Projekt übertragen und stelle ihm ebenfalls die Inhalte der Threads der ehemaligen gulli:börse zur Verfügung.“ gehe ich davon aus, dass die Unterstützung für boerse.bz nicht nur eine finanzielle war. Dass seit Beginn die Werbepartner immer aus dem Hause Fritzmann kamen (erst Firstload, aktuell Uploaded), ist sicherlich nicht Zufall… 😉
Hallo Randolf,
Oh, das ist ja mal interessant. Vielen Dank für deine Erklärung – bezüglich boerse.to vermutete ich zwar schon was in der Art, wegen eines früheren Kommentars von dir (oder Korrupt? Ich weiss es nicht mehr…) anderswo. Nachdem du das alles an die inQnet übertragen hast, wurde boerse.to recht schnell geschlossen, mit der Ankündigung einer Wiedereröffnung, die wochenlang nicht stattgefunden hat. Mittlerweile war die Domain mal kurz im Parking und wurde dann von boerse.bz übernommen.
Die Verbindung zu boerse.bz kannte ich nicht, deshalb meine Neugierde. Die Ankündigungen und Aussagen der inQnet, die ich gelesen habe, bezogen sich ja alle auf boerse.to, während boerse.bz aus dem (damals schon bestehenden) gulli.bz hervorgegangen ist. Umbenannt wurde gulli.bz, wenn ich mich recht erinnere, nach dem Namensrechte-Rundumschlag, als auch mygulli zu mygully wurde. Die Werbepartner sind aber wirklich auffällig…
Dieses Szenario kommt mir bekannt vor. Ist halt öfters so, dass wenn der Urvater aussteigt, die Philosophie verloren geht und damit auch die eigentliche Stärke. Darüber hinwegsehen oder das „Baby“ zurückholen.
Hallo Randolf,
könntest du dir vorstellen Gulli im Zweifelsfall zurück zu kaufen. Der Wert ist ja mittlerweile gesunken und wenn Gamigo es nicht hinbekommt das Portal in die richtige Richtung zu lenken dürfte der Wert bald gegen 0 gehen. Wäre doch ein feines Geschäft und wer könnte Gulli besser leiten als derjenige, der es aufgebaut und viel Arbeit und Schweiß darin investiert hat? Ihr hattet die richtige Einstellung und habt den Laden im großen und ganzen gut geschmissen. Es war nicht alles toll, aber unterm Strich sieht man halt immer erst wenn jemand geht, was er geleistet hat.
Mit würde es jedenfalls freuen, wenn Korrupt wieder seine News schreibt und wirklich engagierte Leute das Board betreuen.
@ DasFragezeichen
Das würde auch nichts mehr ändern. Die gesamte Führungsriege müsste komplett ausgetauscht werden. Die guten alten Mods sind gegangen und die, die jetzt das Ruder in der Hand halten, sind zu eng mit Fritzmann verbandelt.
@DasFragezeichen ich plane nicht allzulange in die Zukunft und _aktuell_ bin ich mit Beerhouse und OMClub mehr als nur ausgelastet, so dass ich die Frage klar mit Nein beantworten kann. Ob es in nächsten Jahren noch irgendwas wertvolles an der Marke gulli gibt, steht ja gerade zur Diskussion, ich gucke mir es jedenfalls seit dieser Veränderung aktiver (und hoffnungsvoller!) an als in den 5 Jahren zuvor…
Dort herrscht derzeit leider Krieg. Wirklich schade, wie der neue Besitzer mit Kritik umgeht. Man könnte meinen TBuktu wäre es 😀
Das Board wird gerade vor die Wand gefahren. Fast alle Moderatoren wurden gesperrt, Registrierung ist zu, es wird jegliche Kritik sofort gelöscht und die Kritiker gebannt.
Neue Moderatoren mit 0 Postings huschen über das Board.
Der IRC-Channel #gulli wurde von „Amigo“ gekapert. Das A-Team (Leitung des Userprojekts IRC) ist mit allen Altusern und Moderatoren in den #Talk umgezogen.
Tatsächlich eine ’spannende‘ Entwicklung… Ich wünsche allen Beteiligten ein glückliches Händchen im Umgang miteinander…
„Spannend“? Ich würde es eher „Besorgniserregend“ nennen. Ich hoffe, dass sich einige ex-Mods zusammenfinden und es bald eine Alternative gibt, die ich dann mit Freuden unterstützen würde. Ich hoffe aber auch, dass du dieses Elend irgendwann nicht mehr erträgst und der deutschen Internetgemeinde einen rießigen Gefallen erweist und es nochmal versuchst. Es gibt nicht viele Menschen die das Zeug, die Erfahrung und vor allem die Ausdauer dazu haben ein solches Projekt zu betreuen. Ich denke auch einige Gullianer würden es positiv begrüßen, wenn der Randolf es nochmal probiert.
So schnell hab ich noch nie ein Forum sterben und ein komplettes Team gehen sehen wie in den letzten Tagen.
Ein Board so wie es frueher war waere doll….2005 als ich den REG Button drueckte und alle noch artig waren : )
@Randolf: Wenn du und Richard irgendeine Idee habt, dann rettet was zu retten ist (wenn das irgendwie möglich sein sollte). Es muss doch gerade euch beiden auch im Herzen weh tun, wenn ihr euer eigen Fleisch & Blut sterben sehen müsst. Und kommt mir nicht mit der Ausrede: „Wir haben damit abgeschlossen!“. Das glauben euch eventuell die Benutzer, die zur Zeit der INQNET gekommen sind – aber nicht wir alten.
Ich kann nur an euch appellieren & hoffen.
Die „alte Garde“ hat sich neu formiert.
Unter http://ngb.to/
Hoffe man sieht sich.
Es war sicherlich nicht leicht hier eine würdige Mannschaft zu finden, welche seit dem ersten Verkauf, dass Forum in bewährter Qualität fortführen konnte. Aber es wurde wohl auch lange einfach nicht in den Ausbau und Modernisierung des Forums investiert. Und was nun mit dem neuen Besitzern los ist, dass wissen wohl auch nur diese selbst.
Auch ohne Börse war das Gulli noch Top.
Man hat immer schnell eine kompetente Antwort erhalten, egal zu welchem Thema.
Ist sicher schwer sein Baby sterben zu sehen.
[…] Randolf Korrupt ghandy Frodoo Modulopfer […]
@Claymore: Richard und ich haben sicherlich nicht ‚abgeschlossen‘ wie man es (selten, aber es ist möglich) mit einer Ex-Beziehung tut. Viel zuviel Zeit, Verbindungen und Erfahrungen verbindet man mit dieser Zeit.
Ich persönlich mag aber Veränderung viel zu sehr, als dass ich heutzutage noch gerne ‚gulli‘, der Community-Admin wäre – ich bin gerade überglücklich in 2 Wochen meine Bierbar in Kapstadt eröffnen zu können. Dass ich mir aber mit Interesse, aber teilweise eben auch Besorgnis die Veränderungen angucke, sollte verständlich sein.
Ich mag Veränderungen auch und gerade für gulli. Denn dass sich Dinge verändern sollten und müssen, war ja – wie oben beschrieben – auch Anlass für meinen Verkauf („weil ich mit meinen damaligen Fähigkeiten und Mitteln vieles, was möglich gewesen wäre, nicht mehr umsetzen konnte“). Insgeheim hoffe ich ja auf einen genialen Plan der Gamigos, tolle TV-Werbung und ein Wiedererstarken der Marke gulli mit einem veränderten Team und Konzept. Das Abschneiden von alten Zöpfen, Traditionen und damit verbunden auch der Abschied von Moderatoren, die solche Veränderungen nicht mittragen wollen, kann sinnvoll sein, wenn es Teil eines wohlüberlegten Plans ist. Als außenstehender Beobachter sieht das hier aber eher wie ein Plan aus, der leider in der Realität gescheitert ist, aber ich bleibe weiterhin gespannt und beobachte aus der Zaungast-Perspektive…